Thema Depression oder Stell dich nicht so an

Aus gegebenen Anlass und weil zur Zeit mal wieder Einiges darüber zu lesen ist, möchte ich mich heute dazu äussern. Und nein, ich bin momentan nicht in einer depressiven Phase, habe aber das Gefühl, kurz davor zu stehen. Warum das schon wieder so ist, kann ich nicht sagen. Also es gibt keinen wirklichen Auslöser dafür. Aber ich merke das an meiner allgemeinen Unlust, dem auf nichts konzentrieren können und meinen Albträumen. Nun ist es ja nicht so, dass ich nicht will, aber ich kann manchmal einfach nicht. So einfach ist das. Nur für manche liebe Mitmenschen eben nicht. Man stösst doch immer wieder auf allgemeines Unverständnis und im Moment gehört dazu leider auch mein Psych, der mir eigentlich helfen und nicht kritisieren soll.

Aber im schwarzen Loch befinde ich mich glücklicherweise noch nicht. Da war ich schon. Und zwar ganz tief unten. Es begann kurze Zeit nach meiner Angststörung, als ich das Gefühl hatte, mein Leben ist nicht mehr mein Leben. Von einer lebenslustigen Person, die gern unter Menschen war und unheimlich viel unternommen hat, wurde ich zu einem Häufchen Elend. Entweder ich war am Grübeln oder ich saß heulend im Bad. Und da saß ich sehr oft, nächtelang. Das Gefühl, nichts mehr wert zu sein und nichts auf die Reihe zu bekommen, wurde von Tag zu Tag stärker. Ich fing an mich zu ritzen, um die ohnmächtige Wut und den Schmerz über mein verlorenes Leben zu betäuben. Ich saß auf dem Fensterbrett und überlegte, ob es wohl hoch genug wäre…

Und in dieser Situation hörte ich auch den Spruch: „Stell dich nicht so an“  Es war wie ein Schlag ins Gesicht, auch wenn es vielleicht nicht böse gemeint war. Aber Depression ist eine Bitch. Sie lässt dich nicht tun was du willst, sie beherrscht dich und lacht dir ins Gesicht. Du hast so gut wie keine Chance dich dagegen zu wehren und schon gar nicht wenn du allein bist. Und ich war allein. Fast. Hätte mich nicht ein Freund immer wieder aufgebaut und mir in den richtigen Augenblicken auch mal einen Arschtritt gegeben, ich wäre heute nicht mehr da. Und für diese Hilfe bin ich ihm unendlich dankbar.

Aber viele haben mich eben auch allein gelassen. Personen, von denen ich dachte, sie wären meine Freunde. Ich weiss, es ist schwer mit einer depressiven Person umzugehen und die meisten wissen wahrscheinlich auch nicht, was sie in einer solchen Situation tun sollen. Sie denken, du willst in Ruhe gelassen werden, weil du dich nicht meldest. Aber genau das ist der springende Punkt. Genau dann, wenn man ganz unten ist, braucht man seine Freunde. Auch wenn die denken, man will das nicht.

Und Hilfe von aussen ist so wichtig. Man schafft das nicht allein. Man braucht jemanden der zuhört, der einen auch mal in den Arm nimmt. Und man braucht die Akzeptanz der Gesellschaft. Das Unverständnis gegenüber psychisch Erkrankten ist nach wie vor sehr gross. Nicht nur im direkten Umfeld. Generell. Auch Kranken- und Rentenkassen behandeln psychisch Kranke immer noch wie Menschen zweiter Klasse. Die meisten Arbeitgeber sowieso. Da hat man nur zu funktionieren.

Ich wünsche mir mehr Verständnis, mehr offene Ohren und einfach ein kleines bisschen mehr Akzeptanz. Damit wäre vielen an Depressionen Erkrankten geholfen und sie wären vielleicht in der Lage einen grossen Schritt nach vorn zu machen.

 

Eure Nicole

3 Antworten auf “Thema Depression oder Stell dich nicht so an”

  1. Da hast du ein sehr gutes Thema angesprochen. Angst und Depressionen kann jeden von uns treffen. Keiner ist davon ausgegrenzt. Und der Mut darüber zu sprechen ist schon ein erster Schritt um sich über seine Gefühle auszudrücken und zu zeigen, hallo hier bin ich, ich bin offen gegenüber euch und stehe zu mir.
    Ich hatte 10 Jahre Magersucht, kam nur mit professioneller Hilfe da raus und mit dem Rückhalt der Familie. Bekam dann mein schwerst behindertes Kind und hey ich wurde nicht rückfallig.
    Mein Sohn verstarb vor einem Jahr und hallo jetzt haben sich die Leute abgewendet von mir. Was sollten sie mit mir reden. Sie wussten es nicht. Ich hätte mich über ein paar Worte gefreut.
    Jetzt starte ich neu durch.
    Und Depressionen sind ernst zu nehmen und man sollte positiv unterstützt werden. Du machst das toll. Du zeigst dich und das ist der richtige Weg. Menschen werden dein Weg kreuzen, wo du niemals vermutet hättest, ja jetzt hab ich es geschafft. Liebe Grüße Brigitte

  2. Hallo Schwesterchen, ich verstehe dich sehr gut!!! Am schlimmsten ist es wenn Menschen die eigentlich dein „Fundament“ sind dich plötzlich fallen lassen, weil ihnen das alles zu kompliziert wird. Aber wir schaffen das, sind ja einiges gewohnt!!! Dickes Bussi

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